Sehr geehrter Herr Präsident,
bitte gestatten Sie mir zunächst eine persönliche Bemerkung:
Es ist mir ein persönliches Bedürfnis, vorweg folgende Erklärung abzugeben. Ich habe mehrfach öffentlich zum Ausdruck gebracht, dass ich die ehemaligen sozialdemokratischen Kabinettsmitglieder fachlich wie menschlich sehr schätze.
Daran hat sich nichts geändert.
Dass ich sie gleichwohl entlassen musste, war der Situation geschuldet, dass der Antrag auf Selbstauflösung des Parlaments an der SPD gescheitert ist und mich die SPD damit zur Stellung der Vertrauensfrage gezwungen hat.
Wenn sich die ehemaligen Kabinettmitglieder durch die Umstände der Entlassung in ihrer Wertschätzung herabgesetzt fühlen, bedaure ich dies. Dies war nicht meine Absicht.
Sehr geehrter Herr Präsident,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
zuerst das Land, dann die Koalition.
Das war immer meine Haltung. Und weil ich diese Haltung bewahren will, standhaft bleiben will, habe ich eine schwierige Entscheidung getroffen:
I. Die Entscheidung
Dieses Bündnis aus CDU und SPD hat keine Zukunft.
Deshalb habe ich gemeinsam mit der Fraktion der CDU und mit den Fraktionen von FDP und Bündnis 90/ Die Grünen sowie dem SSW die vorzeitige Beendigung der 16. Wahlperiode beantragt.
Durch die am Montag erfolgte Abstimmung wurde ich zu einem weiteren, unabdingbar notwendigen Schritt gezwungen.
Schleswig-Holstein braucht eine stabile, handlungsfähige und verlässliche Regierung. Wir sind an einem Punkt angelangt, an dem dies nicht mehr gewährleistet ist.
Wir möchten die Wählerinnen und Wähler um eine neue Legitimation für eine erforderliche, handlungsfähige Regierungsmehrheit bitten.
So wie bisher kann es nicht weitergehen! Denn das Vertrauen zwischen den Koalitionspartnern ist nachhaltig gestört.
Meine Damen und Herren,
Sie sehen mich in tiefer Sorge.
Dieses Land ist in einer außerordentlich schwierigen Lage.
Wir sind vor vier Jahren angetreten, um in einem großen Bündnis die großen Herausforderungen für Schleswig-Holstein zu bewältigen.
Das war mein Anspruch, das muss mein Anspruch sein und er bleibt es auch für die Zukunft. Handlungsfähigkeit ist gerade in Zeiten der Krise oberstes Gebot. Handeln aber können Regierungspartner nur in gegenseitigem Vertrauen und entschiedener Geschlossenheit.
Ich trage zu allererst Verantwortung für das Land. Und deshalb sage ich: Ich sehe in dieser Konstellation keine Möglichkeit mehr, das Beste für unser Land zu erreichen.
Ich habe vor über vier Jahren meinen Amtseid abgelegt, in dem ich geschworen habe: "Ich werde meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren und Schaden von ihm wenden." Und ich habe geschworen, dass ich meine Pflichten gewissenhaft erfüllen werde.
Ich verstehe es als meine Pflicht, für dieses Land einzustehen.
Wie Sie wissen, habe ich alles getan, um die Koalition zu erhalten. Mir ist es immer um die Sache gegangen. Ich wollte Fortschritte für Schleswig-Holstein erzielen und musste immer wieder taktische Manöver erdulden. Dieses permanente Taktieren kann ich nicht mehr akzeptieren!
Auch persönlich herabsetzende Äußerungen habe ich hingenommen.
Immer wieder habe ich die Hand ausgestreckt und bin auf den Koalitionspartner zugegangen. Ich habe nicht taktiert.
Ich habe es mir wahrlich nicht leicht gemacht.
Ich weiß, dass die Bürgerinnen und Bürger uns einen Auftrag für fünf Jahre erteilt haben. Das nehme ich sehr ernst.
Umso mehr können Sie versichert sein, dass dies keine leichtfertige Entscheidung ist.
Ich bleibe dabei: Zuerst das Land, dann die Koalition.
II. Vertrauensverlust und eingeschränkte Handlungsfähigkeit
Meine Damen und Herren,
Misstrauen lähmt. Lähmung bedeutet Stillstand. Und Stillstand kann sich Schleswig-Holstein nicht leisten!
Handlungsfähigkeit sicherzustellen muss für eine Regierung höchste Priorität haben. Ich will klarstellen, was das bedeutet.
Das heißt: Gemeinsame Beschlüsse werden im vertrauensvollen Zusammenwirken und ohne Störmanöver umgesetzt. Sie werden
in der Regierung und
im Parlament,
in den Parteien und
in der Öffentlichkeit unterstützt - und zwar von beiden Partnern einer Koalition und von Anfang an!
Es geht nicht nur um die Organisation notwendiger Mehrheiten im Parlament. Es geht auch darum, dass sich die führenden Vertreter der Koalitionsparteien einhellig und glaubwürdig für gemeinsam beschlossene Maßnahmen einsetzen. Das gilt insbesondere für schmerzliche und unpopuläre Maßnahmen. Anders kann keine politische Glaubwürdigkeit und auch keine Akzeptanz bei den Bürgerinnen und Bürgern erreicht werden.
Die Erfahrungen aus der Vergangenheit zeigen mir, dass ich nicht auf die Verlässlichkeit einer SPD zählen kann, die von Herrn Dr. Stegner geführt wird.
Ich kann mir daher auch nicht sicher sein, dass ich als Ministerpräsident das notwendige Vertrauen der Mehrheit des Landtages habe.
So ist es bereits zu gegensätzlichem Abstimmungsverhalten der Koalitionsfraktionen gekommen. Der SPD-Fraktionsvorsitzende hat für die gesamte SPD sogar meinen Rücktritt gefordert.
Als Ministerpräsident bin ich auf eine kontinuierliche und verlässliche Basis von beiden regierungstragenden Fraktionen angewiesen.
Ich bin in besonderem Maße auf eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit beiden Fraktionsvorsitzenden der die Regierung tragenden Mehrheit im Parlament angewiesen, weil dies die Grundlage für die parlamentarische Mehrheit ist.
Und, meine Damen und Herren, auch die Menschen im Land müssen erwarten können, dass führende Politiker einer Koalition einen eingeschlagenen Kurs halten und nicht im Zickzack behindern.
Ich nehme die Beiträge von Herrn Dr. Stegner sehr ernst.
Denn er spricht nicht nur für sich selbst.
Er spricht für die Fraktion der SPD in diesem hohen Haus.
Und er spricht für die gesamte SPD in Schleswig-Holstein!
Wer spricht für die SPD, wenn nicht ihr Partei- und Fraktionsvorsitzender?
Ich muss seine Äußerungen ernst nehmen:
Sie gefährden den Gestaltungsanspruch dieser Regierung. Ja, mehr noch: Sie machen das Regieren unberechenbar.
Um hier mal der Legendenbildung vorzubeugen: Es ist nicht etwa ein persönlicher Streit zweier gegensätzlicher Charaktere, der hier zum Bruch führt.
Nein:
Es ist eine Auseinandersetzung zwischen Parteien und Fraktionen von CDU und SPD. Es ist eine Auseinandersetzung über verschiedene Konzepte, über eine Grundhaltung.
Es ist eine Auseinandersetzung über Verantwortung.
Gegen einen fairen und umsichtigen Wettbewerb der Programme ist nicht nur nichts einzuwenden. Er ist in der Demokratie lebensnotwendig.
Aber diese Auseinandersetzung ist über den Fraktionsvorsitzenden und Landesvorsitzenden der SPD zum Dauerkonflikt mit Winkelzügen und Hintertürchen ausgeartet.
Und dieser Dauerkonflikt ist nicht nur schlecht für eine seriöse und zielgerichtete Regierungsarbeit.
Seine Wirkung reicht noch viel weiter: Dieser Dauerkonflikt schadet Schleswig-Holstein!
Herr Dr. Stegner war Mitglied meines Kabinetts.
Ein Mannschaftsspieler war er nicht. Deshalb musste er gehen. Leider ist dieses Signal ohne Wirkung geblieben. Auch in seiner neuen Rolle hat er die Regierungsarbeit untergraben.
Deshalb muss ich die Konsequenz ziehen: Eine Politik zum Wohle des Landes ist in diesem Bündnis nicht mehr möglich.
Zu viel haben wir in den vergangenen Jahren an Unaufrichtigkeiten und schlechten Inszenierungen erleben müssen. Und das ist uns auch noch zu gut in Erinnerung, als dass ich das hier detailliert aufführen müsste.
Ich werfe nur Schlaglichter:
Die Regierung hatte die Kürzung der Sonderzuwendungen für die Beamten im Öffentlichen Dienst vereinbart. Der seinerzeitige Innenminister von der SPD schlug dann ein halbes Jahr später öffentlich vor, Steuermehreinnahmen zur Kompensation der Kürzung einzusetzen.
Die Regierung hatte sich auf einen Stufenplan für beitragsfreie Kindergartenjahre geeinigt. Verfassungsgemäße Haushalte haben wir gemeinsam als Bedingung definiert. Der SPD-Fraktionsvorsitzende stellte kurze Zeit später drei beitragsfreie KiTa-Jahre in Aussicht und das ohne Rücksicht auf die Landesfinanzen!
Die Regierung hat sich auf Einsparmaßnahmen im Verwaltungsapparat der Polizei geeinigt. Hierzu sind konkrete Maßnahmen zum Aufgabenverzicht oder zur Aufgabenreduzierung notwendig. Diese hat das Innenministerium aber nicht vorgelegt. Stattdessen unterstellte der SPD-Fraktionsvorsitzende, die CDU habe im Vollzug sparen wollen - was nicht der Wahrheit entspricht. Es ist vielmehr von der CDU ausdrücklich ausgeschlossen worden!
Nachdem der Innen- und Rechtsausschuss sich einstimmig, also auch mit den Stimmen von CDU und SPD, auf einen Finanzgerichtspräsidenten geeinigt hatte, hat die SPD die Personalie gestoppt. Das Finanzgericht wartet weiter auf seinen Präsidenten!
Meine Damen und Herren,
die Regierung hat auch einen Kurs in der Frage des Atomkraftwerkes Krümmel. Da hat es eklatante Versäumnisse des Betreibers gegeben. Ich habe mit dem Vorstandsvorsitzenden des Betreibers gesprochen und deutliche Worte gefunden. Die SPD will das aktuelle Problem nutzen, um hier eine ideologische Debatte zu führen.
Und was die Vergütung des Vorstandsvorsitzenden der HSH Nordbank angeht, will ich sagen:
Herr Kollege Hay saß nicht als Innenminister im Aufsichtsrat der HSH. Nein. Der Minister saß darin als Vertreter des Koalitionspartners SPD. Und in dieser Funktion war er vor der Sitzung des Präsidialausschusses informiert worden und er hat das Einvernehmen bekundet. Er war also informiert, bevor der Beschluss im Präsidialausschuss gefasst wurde. Protest gab es von SPD-Seite nicht!
Als Aufsichtsratsmitglied der SPD ist er auch gebeten worden, die Kabinettsmitglieder aus der SPD und den Fraktionsvorsitzenden der SPD zu unterrichten. Er hat dies auch getan beziehungsweise tun lassen.
Das können Sie in seiner persönlichen Erklärung hier im Landtag nachlesen. Da kann die SPD doch nicht so tun, als sei sie nicht informiert gewesen!
Es sind neben Lothar Hay außerdem informiert worden:
Die finanzpolitische Sprecherin der SPD, die Abgeordnete Herdejürgen, und
der Vorsitzende des Finanzausschusses, der Abgeordnete Neugebauer, beide SPD. Beide sind noch vor der kleinen Runde des Koalitionsausschusses am 30. Juni informiert worden.
Die Zustimmung des sozialdemokratischen Innenministers Lothar Hay lag also vor. Bis zum Ende der kleinen Runde des Koalitionsausschusses am 30. Juni hätte der SPD-Fraktionsvorsitzende ein klares Veto einlegen können. Er war damals anwesend. Ein Veto ist nicht eingelegt worden!
Und die SPD tut Tage später so, als habe sie von nichts gewusst. Das kann doch nicht angehen!
Meine Damen und Herren,
wie oft habe ich das erlebt? Zwei Partner treffen schwierige Entscheidungen -
und im nächsten Augenblick flüchtet sich einer von beiden aus der Verantwortung. So geht das nicht!
Unabhängig davon:
Herr Nonnenmacher mag zwar einen vertraglichen Anspruch auf die Zahlungen haben, aber moralisch sind die Zahlungen nicht zu rechtfertigen!
Deshalb habe ich den Vorstandsvorsitzenden der HSH Nordbank auch persönlich aufgefordert, dem Rechnung zu tragen.
Ich habe großes Interesse an der Aufklärung der Gesamtumstände um die HSH Nordbank. Deshalb werden wir einen Parlamentarischen Untersuchungssauschuss in der nächsten Legislaturperiode bei seiner Arbeit wieder unterstützen.
Meine Damen und Herren,
Politik ist nicht Schauspiel, ist nicht Theater. Es gibt Leute hier im Saal, die das anders sehen.
Aber das ist nicht mein Verständnis von Politik. Ich stehe bei den Bürgerinnen und Bürgern im Wort. Sie haben einen berechtigten Anspruch auf Seriosität und Verlässlichkeit. Ich spiele ihnen nichts vor und ich spiele auch nicht mit ihren Interessen. Das, was ich tue, tue ich aus Überzeugung und mit gutem Gewissen.
Ich muss bei meinen Partnern in der Regierung sicher sein können, dass das, was ich heute mit ihnen verabredet habe, auch morgen noch Bestand hat.
Ich stelle die Vertrauensfrage, weil ich mir nicht sicher sein kann, dass die Maßnahmen, die wir gemeinsam im Koalitionsausschuss und im Kabinett beschlossenen haben, nicht nachträglich vom Vorsitzenden der Landes-SPD und SPD-Fraktion attackiert und hintertrieben werden.
Ich stelle die Vertrauensfrage, weil ich mir nicht sicher sein kann, dass ich künftig für die gemeinsam beschlossenen Maßnahmen die parlamentarischen Mehrheiten erhalten werde.
Meine Handlungsfähigkeit als Ministerpräsident ist damit stark eingeschränkt.
III. Neue Herausforderungen
Meine Damen und Herren,
für das Stellen der Vertrauensfrage gibt es für mich noch einen weiteren Grund.
Natürlich fiel es beiden Koalitionspartnern von Beginn an nicht leicht, sich im Interesse unseres Landes auf politische Konzepte zu verständigen.
Aber es ist uns in der ersten Phase der Legislaturperiode auf einer ganzen Reihe von Politikfeldern gelungen - und das trotz der dargestellten Absetzbewegungen!
Jetzt aber stehen wir vor sehr großen Herausforderungen. Sie sind noch größer als vor vier Jahren, als diese Regierung an den Start gegangen ist. Das konnten wir nicht beeinflussen. Es ist ein weltweites Phänomen, wir können uns dem nicht entziehen: Zu brutal ist der Einbruch der Wirtschaft. Das deutsche Bruttoinlandsprodukt wird um 6 Prozent sinken, sagen die Experten. Und das hat dramatische Folgen: In den Unternehmen, auf dem Arbeitsmarkt und im Landeshaushalt.
Die globale Wirtschaftskrise wird mit voller Wucht auf den Landeshaushalt durchschlagen. Allein in den letzten beiden Quartalen dieses Jahres werden im Vergleich zum Vorjahreszeitraum Steuereinnahmen in einer Größenordnung von mehr als 600 Millionen Euro wegbrechen. Das ist ein bislang einmaliger Vorgang.
Schon heute ist jede Bürgerin, ist jeder Bürger im Land mit 9.000 Euro verschuldet; allein durch die Defizite in den öffentlichen Kassen Schleswig-Holsteins.
Das Land zahlt eine Milliarde Euro Zinsen - jedes Jahr!
Bei über 23 Milliarden Euro Schulden!
Es ist Zeit zur Umkehr!
Diese Aufgabe muss eine Landesregierung im engen Schulterschluss der Partner bewältigen. Sie muss Stabilität und Handlungsfähigkeit beweisen - ganz gemäß der Vorgabe:
zuerst das Land, dann die Koalition.
Ich weiß: Die gewaltigen Herausforderungen allein rechtfertigen eine Vertrauensfrage nicht.
Entscheidender ist:
Eine Regierung braucht stetige Unterstützung.
Erst Recht in Zeiten der Krise.
Die Wirtschafts- und Finanzkrise wird sich auch in der Politikgestaltung widerspiegeln müssen. Der gemeinsame Nenner, auf den CDU und SPD vor rund vier Jahren gekommen sind, reicht für eine erfolgreiche Bewältigung der Wirtschafts- und Finanzkrise heute nicht mehr aus.
Ich sehe keine ausreichende Grundlage mehr, um die weitergehenden Maßnahmen zu ergreifen, die nach meiner Überzeugung notwendig und unverzichtbar sind.
Wir müssen den Haushalt jedes Jahr um dreistellige Millionenbeträge entlasten, um im Jahr 2020 einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen. Dazu verpflichtet uns das Grundgesetz.
Deshalb hat das Kabinett mit dem Entwurf zum Nachtragshaushalt von jedem Ressort strukturell wirkende Maßnahmen und Vorschläge eingefordert,
die gesetzliche und nichtgesetzliche Leistungen reduzieren. Diese sollten bis zum 3. Juli dem Finanzministerium geliefert werden.
Ich kann es kurz machen: Die Lieferungen waren nicht akzeptabel. Ich kann Ihnen sagen, welcher Art die Vorschläge waren:
Das Innenministerium will zum Beispiel die persönliche Präsenz von Mitgliedern der Landesregierung bei Ehrenämtlern herunterschrauben oder die Durchführung der Abschiebehaft aus dem Einzelpan 04 des Innenministeriums in den Einzelplan 09 des Justizministeriums verlagern.
Sind das etwa Ihre Vorstellungen von strukturellen Einsparungen?
Auch das, was nicht abgeliefert wurde, ist interessant: Das Bildungsministerium kann nicht eine Maßnahme benennen, wie wir Lehrerinnen und Lehrer von Verwaltungsaufgaben entlasten können.
Wenn das Auskunft gibt über die Reformbereitschaft, um zu einem verfassungsgemäßen und dann ausgeglichenen Haushalt zu kommen, dann wird mir wirklich angst und bange!
Bereits im vergangenen Jahr haben wir erlebt, wie wenig ernst die Mittelfristige Finanzplanung insbesondere auf der SPD-Seite genommen wird.
Die Lücken haben wir noch gemeinsam festgestellt.
Das war aber schon das Ende aller Gemeinsamkeiten. Denn die Lücken schließen wollte man nicht.
Wie soll denn erst die Zusage gegenüber dem Parlament eingehalten werden, im Dezember eine neue, solide Mittelfristige Finanzplanung für die Jahre 2009 bis 2014 vorzulegen?
Nach meiner Überzeugung wird uns das mit diesem Koalitionspartner nicht gelingen. Die Neuverschuldung des Landes wird weiter in die Höhe schießen. Dabei hängen uns Schulden und Zinszahlungen ohnehin schon wie ein Mühlstein um den Hals.
Meine Damen und Herren,
wir müssen die Finanzplanung auf die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse ausrichten.
Der SPD-Fraktionsvorsitzende hält jedoch die Schuldenbremse für eine "Zukunftsbremse".
"Rituelle Selbstfesselung" nennt er es. Ja, mehr noch: Anstatt unser Land handlungsfähig halten zu wollen, sieht er in der Schuldenbremse ein "Verarmungsprogramm für unser Land"!
Deshalb hat sich die SPD im Landtag Mittwoch vor einer Woche inhaltlich und formal nicht festgelegt. Sie wollen die eindeutigen Regeln des Grundgesetzes und die notwendigen Einsparungen, die sich daraus ergeben, einfach nicht akzeptieren! Doch damit führen Sie das Land in die finanzielle Sackgasse!
Was ist das für eine Haltung?
Eine seriöse Finanzplanung wird ein Höchstmaß an Geschlossenheit, gegenseitigem Vertrauen und Verlässlichkeit erfordern. Und das ist in dieser Koalition nach meiner festen Überzeugung nicht mehr machbar!
Es gibt zwischen CDU und SPD gravierende konzeptionelle Differenzen in der Finanzpolitik.
Die CDU bekennt sich zu einer soliden Finanzpolitik, weil sie die beste Voraussetzung für die Zukunftssicherung unserer Gesellschaft und unserer Kinder ist. Die SPD dagegen neigt dazu, noch mehr Leistungen zu versprechen und so noch mehr Hypotheken für die Zukunft aufzunehmen. Wir sehen das bei den beitragsfreien KiTa-Jahren, wir sehen das bei den Sonderzuwendungen!
Und wir müssen auch an die kommunale Ebene denken! Die aktuelle Finanzsituation und der notwendige Eingriff in den kommunalen Finanzausgleich erfordern eine nachhaltige und strukturelle Aufgabenentlastung.
Zu Beschlüssen sind wir mehrmals gekommen, zu einer wirksamen Kosten- und Aufgabenreduzierung nicht.
Auch für die Zukunft verhindern ideologische Blockaden eine dringend notwendige Entlastung der Kommunen. Dadurch wird die kommunale Selbstverwaltung weiter erheblich eingeschränkt und das ist nicht länger hinnehmbar!
Was für die Kommunen gilt, gilt auch fürs Land. Denn wir müssen auch in den zentralen Bereichen des Landes ernst machen mit der Aufgaben von Aufgaben. Wir haben eine ausführliche Aufgabenkritik vorgenommen, aber alle Vorschläge sind blockiert worden. Damit bleibt es für die Zukunft auf der Agenda ganz oben: Wir brauchen einschneidende strukturelle Veränderungen, die so schnell wie möglich wirksam werden. Auch hier können wir uns keinen Stillstand mehr erlauben!
Meine Damen und Herren,
wir müssen weitere Richtung weisende Entscheidungen treffen.
Wir werden die Interessen des Landes bei der HSH Nordbank zu wahren und unsere Vermögenswerte zu schützen haben. Wir müssen eine Kreditklemme für unsere Unternehmen verhindern und all das können wir nur erreichen, wenn die Regierung mit einer Stimme spricht.
Wir müssen die Landesbanken neu strukturieren und die Sparkassen durch Beteiligungen aus dem öffentlichen Bereich stärken. Das darf nicht weiter auf die lange Bank geschoben werden!
Wir müssen auf einen Energiemix setzen, der sauber, sicher und bezahlbar ist. Wer das in Frage stellt, der gefährdet den Wirtschaftsstandort im Norden und schadet den kleinen Leuten!
Wir müssen das Rückgrat unserer mittelständischen Wirtschaft stärken. Dafür brauchen wir auch die einzelbetriebliche Förderung. Sie ist Motor für Investitionen, Innovation und Beschäftigung. Sie trägt auch dazu bei, Wettbewerbsverzerrungen der Förderung im Vergleich mit anderen Ländern auszugleichen.
Wer das vergisst, handelt gegen die Interessen der Beschäftigten!
Wir müssen uns zwischen zwei Handlungsmaximen entscheiden: Bewältigen wir die Wirtschaftskrise erfolgreich mit Eigenverantwortung und neuen Spielräumen?
Oder soll sie durch zentralistische, staatliche Eingriffe in Wirtschaft und Gesellschaft überwunden werden?
Diese Fragestellung zieht sich als Leitfrage durch nahezu alle Politikbereiche von der Modernisierung der Verwaltung bis hin zum Landesentwicklungsplan.
Mit dem Landesentwicklungsplan wollen wir die positive Entwicklung in der Stadt und auf dem Land unterstützen. Zu enge Vorgaben, die sich gegen den ländlichen Raum richten, sind da kontraproduktiv!
Da ist in der Vergangenheit viel Porzellan zerschlagen worden. Ich will gemeinsam mit der kommunalen Familie neue Perspektiven schaffen!
Meine Damen und Herren,
bei alledem dürfen wir nicht die Schere im Kopf haben! Der gemeinsame Nenner der Vergangenheit taugt nicht für die großen und notwendigen Lösungen der Zukunft!
Bei der gegenwärtigen Situation innerhalb der Großen Koalition ist es mir aber nicht möglich, die aus meiner Überzeugung erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen.
Denn dabei droht der Verlust der Mehrheit im Landtag.
Die Mehrheit im Landtag hat mich vor vier Jahren gewählt.
Die Mehrheit im Landtag hat in Abstimmungen lange hinter der Landesregierung gestanden.
Aber die Mehrheit in diesem Landtag wird nicht hinter dem stehen, was ich inzwischen für dieses Land für unbedingt erforderlich halten muss.
Deshalb müsste ich meine politischen Zielsetzungen bereits im Kabinett und Koalitionsausschuss zurückhalten. Dann aber kann ich meiner Richtlinienkompetenz nicht mehr gerecht werden. So werden aus meiner Sicht notwendige Schritte gar nicht erst Gegenstand parlamentarischer Initiativen.
Ich kann nicht mit Initiativen in den Landtag gehen, wenn ich schon vorher weiß, dass ich keine Mehrheit dafür finde. Und das kann sich fatal auswirken auf die Zukunft dieses Landes.
Hier geht Handlungsfähigkeit verloren.
Meine Damen und Herren,
Schleswig-Holstein braucht eine Regierung, in der die politischen Repräsentanten -
und damit meine ich auch die Partei- und Fraktionsvorsitzenden -
zu einer gemeinsamen Linie finden,
sich dann dazu bekennen und
auch nach dieser gemeinsamen Linie handeln.
Denn wie sollte es anders sein? Eine Opposition in der Regierung kann und darf es nicht geben!
Die SPD hat am Freitag hier in diesem Hause gesagt: Die SPD sei regierungswillig und regierungsfähig.
Den Beleg für das Letztere ist sie uns schuldig geblieben.
Jedenfalls ist sie erkennbar nicht bereit, diejenigen Maßnahmen zu unterstützen, die aus meiner Sicht unabdingbar sind, um das Land aus der Krise zu führen und seine Zukunft zu sichern.
Die SPD hat am Freitag hier in diesem Hause der CDU den Bruch des Koalitionsvertrages vorgeworfen.
Ich frage: Wer hat sich denn zuvor immer und immer wieder von den gemeinsamen Verabredungen entfernt?
Wir dagegen haben immer eine Weiterentwicklung der notwendigen Maßnahmen und Anpassungen an die geänderten Rahmenbedingungen angemahnt.
Zuletzt noch bei den Koalitionsverhandlungen, wo von der SPD nicht ein einziger konstruktiver Vorschlag zur Haushaltskonsolidierung auf den Tisch gelegt worden ist.
Wir wollen und brauchen angesichts der großen Herausforderungen für unser Land und seine Regierung ein festes Fundament.
IV. Schluss: Neuwahlen sind das Beste für unser Land
Meine Damen und Herren,
am Freitag haben die Fraktionen debattiert.
Johann Wadephul hat es für die CDU-Fraktion gesagt,
Wolfgang Kubicki hat es für die FDP-Fraktion gesagt,
Karl-Martin Hentschel hat es für die Fraktion von Bündnis 90/ Die Grünen gesagt,
und Anke Spoorendonk hat es für den SSW gesagt - und alle haben sie recht:
Wir brauchen Neuwahlen.
Ich komme nach meiner ganz persönlichen Einschätzung zu dem Schluss, dass mir das Vertrauen bei den vor uns liegenden Entscheidungen nicht von einer stabilen Parlamentsmehrheit gewährt wird. Als Ministerpräsident bin ich aber darauf angewiesen.
Meine Damen und Herren,
aus diesen Gründen habe ich die Vertrauensfrage gestellt.
Findet die Vertrauensfrage nicht die Mehrheit der Mitglieder des Schleswig-Holsteinischen Landtages, werde ich gemäß Art. 36 Abs. 1 Satz 1 die Wahlperiode vorzeitig für beendet erklären.
Dann werde ich dem Kabinett vorschlagen, im Einklang mit der Landesverfassung den Termin für die Neuwahl auf den 27. September festzusetzen.
Vielen Dank.
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